Glas- vs. Kunststofflinsen: Wann welches Material die bessere Wahl ist – ein praxisnaher Vergleich


glass vs plastic

Bei der Entwicklung optischer Systeme gehört die Wahl zwischen Glaslinsen und Kunststofflinsen zu den grundlegenden Entscheidungen. Beide Technologien bieten unter den richtigen Bedingungen hervorragende Leistungen – doch die Unterschiede bei Kosten, Fertigungsmöglichkeiten und Eignung für bestimmte Anwendungen sind teils erheblich.

In diesem Beitrag vergleichen wir beide Materialien anhand eines praktischen Beispiels – einer 25 mm bikonvexen Linse – und beleuchten zentrale Aspekte wie Kostenstruktur, Toleranzen und Designfreiheit. Außerdem zeigen wir, wie Anforderungen wie asphärische oder Freiformgeometrien die Materialwahl beeinflussen.


1. Kostenstruktur – Werkzeugkosten vs. Stückkosten

Kunststofflinsen erfordern sogenannte Non-Recurring Engineering (NRE)-Kosten für den Bau von Spritzgusswerkzeugen. Sobald das Werkzeug vorhanden ist, sind die Stückkosten jedoch meist deutlich geringer als bei Glas.

Glaslinsen benötigen hingegen kein Werkzeug, da sie einzeln geschliffen und poliert werden. Das macht sie attraktiv für kleine Stückzahlen oder Prototypen – allerdings bleibt der Stückpreis relativ hoch.

Wir vergleichen die Kostenniveaus hier anhand einer 25 mm bikonvexen Linse:

AspektKunststoff-LinseGlas-Linse
Werkzeugkosten (NRE)notwendig
Kleinserienwerkzeug: 5.000 – 20.000€
Großserienwerkzeug: 15.000 – 35.000€
(normalerweise) nicht notwendig
Für hohe Stückzahlen, oder Asphärenformen Presswerkzeug: < 5.000€
Stückkosten (Kleinserie – <1.000 Stk.)moderat bis hoch
3-20€
moderat bis hoch
15-75€
Stückkosten (Großserie – >10.000 Stk.)niedrig
<2€
moderat
8-15€

Fazit: Für Serienfertigung sind Kunststofflinsen meist wirtschaftlicher. Bei kleinen Stückzahlen erscheint Glas zunächst einfacher – doch auch Kunststofflinsen lassen sich ohne Spritzguss prototypisch fertigen (siehe nächster Abschnitt).


2. Möglichkeiten zur Prototypenfertigung

Kunststoffoptiken sind längst nicht auf Spritzguss beschränkt. Heute stehen mehrere Rapid-Prototyping-Methoden zur Verfügung:

  • Diamantdrehen (ideal für Asphären und höchste Oberflächenqualität)
  • CNC-Fräsen und Polieren

Damit lassen sich funktionale Kunststofflinsen schnell und kostengünstig fertigen – auch als Einzelstücke. Die Lücke zum Glasprototypen schließt sich damit zunehmend.

(Siehe unseren ausführlichen Blogartikel: Protyping)

Fazit: Kunststoffprototyping ist schneller und präziser als oft angenommen.


3. Optische Qualität & Toleranzen

Glaslinsen bieten:

  • Extrem enge Toleranzen
  • Hohe Oberflächenqualität (z. B. λ/4 oder besser)
  • Hervorragende thermische und chemische Stabilität

Kunststofflinsen erreichen – je nach Prozess und Material –:

  • Sehr gute optische Klarheit (insbesondere bei PMMA, COC, COP)
  • Reproduzierbarkeit in der Serienfertigung
  • Ausreichende Toleranzen für viele bildgebende oder lichtführende Anwendungen

Allerdings reagieren Kunststoffoptiken empfindlicher auf:

  • Temperaturschwankungen
  • Kratzer (sofern unbeschichtet)
  • Langfristige UV-Einwirkung (materialabhängig)

Fazit: Für hochpräzise Systeme oder extreme Einsatzbedingungen bleibt Glas führend. Für integrierte Systeme mit moderaten Anforderungen reicht Kunststoff völlig aus.


4. Asphärische und Freiform-Geometrien

Eine der Hauptgrenzen der Glasfertigung liegt in der wirtschaftlichen Herstellung asphärischer oder freigeformter Linsen. Solche Formen erfordern komplexe Schleif- und Polierprozesse.

Kunststofflinsen hingegen eignen sich hervorragend für:

  • Asphärische Flächen
  • Diffraktive oder Fresnel-Strukturen
  • Integration von Ausricht- oder Montagefunktionen

Diese Merkmale lassen sich im Spritzguss präzise und in einem Zyklus abbilden.

Fazit: Komplexe oder multifunktionale Geometrien sprechen klar für Kunststofflinsen.


5. Designfreiheit & Integration

Kunststofflinsen sind leicht und bieten:

  • Integrierte Halterungen oder Ausrichtungsfeatures
  • Kombination optischer und mechanischer Funktionen
  • Montagefreundliche Geometrien

Glaslinsen sind meist traditionell geformt und erfordern separate Halterungen oder Klebungen.

Fazit: Kunststoff bietet mehr Flexibilität auf Systemebene.


6. Time-to-Market

  • Glas: Vorteilhaft in der Frühphase, z. B. für Machbarkeitsstudien oder erste Tests
  • Kunststoff: Höherer Initialaufwand (bei Spritzguss), aber schneller in der Serie

Fazit: Für frühe Evaluierungen ist Glas oft schneller verfügbar. Für Skalierung und Systemintegration hat Kunststoff die Nase vorn – insbesondere mit modernen Prototyping-Optionen.


Fazit

Eine pauschale Antwort gibt es nicht. Die Wahl zwischen Glas und Kunststoff hängt ab von:

  • Stückzahl und Volumenbedarf
  • Geometrischer Komplexität
  • Umgebungsbedingungen im Einsatz
  • Erwarteter optischer Performance und Budget

Mit heutigen Fertigungstechnologien und Prototyping-Verfahren können Kunststofflinsen in vielen Fällen mit Glas konkurrieren oder es sogar übertreffen.

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glass vs kunststoff

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